21. Februar 2019
Gastro-Tipps

Die Apotheke-Betreiber Hendrik Borgmann im Porträt

Wie aus "einer Schnapsidee" großer Erfolg wurde: Borgmann vertreibt Kräuterlikör und betreibt Die Apotheke in Braunschweig

„Ich empfinde Braunschweig als eine extrem spannende und tolle Stadt." Schwarzes Sweatshirt, enge Jeans, Dr. Martens an den Füßen, Baseballcap auf dem Kopf - das ist Hendrik Borgmann. Fotos: Christan Göttner.

Ganz rechts hinten in der Ecke, gleich neben einem großen „A“, sitzt er. An seinem Lieblingsplatz in der Apotheke in der Schuhstraße 4, das Restaurant, Café und Tagesbar zugleich ist. Schwarzes Sweatshirt, enge Jeans, Dr. Martens an den Füßen, Baseballcap auf dem Kopf – das ist Hendrik Borgmann. Ein schlanker, lässiger „Smart Guy“, wie die Amerikaner sagen würden. Die Suppe vor ihm dampft noch auf dem kleinen Holztisch, doch Hendrik legt nach kurzer Begrüßung gleich los. Quecksilberschnell und mitreißend geht es kreuz und quer durch seine Lebens- und Erfolgsgeschichte.

Soap-Star in Zeiten in den Glanzzeiten des Privatfernsehens

Als jüngstes von vier Geschwistern in Braunschweig geboren, verbrachte Apotheker-Kind Borgmann in seiner Jugend viel Zeit auf den Tennis- und Hockeyplätzen der Region – spielte sogar für den Braunschweiger THC einige Jahre in der Hockey-Bundesliga. Nach dem Abitur ging es für ein Jahr nach Spanien, bis es ihn im Jahr 2000 beruflich nach Berlin verschlug. „Ich empfinde Braunschweig als eine extrem spannende und tolle Stadt. Allerdings bin ich aber damals durch ein Casting zufällig bei der Schauspielerei gelandet – und in Berlin geblieben. Seitdem kann ich es mir eigentlich nicht mehr vorstellen, wieder wegzuziehen“, erzählt Hendrik. Borgmann machte Ende der 90er Jahre eine steile Karriere als Seriendarsteller im deutschen Fernsehen. Er spielte unter anderem einen Surflehrer in „Mallorca – Suche nach dem Paradies“, einen Grafiker  in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, einen Animateur in „Verschollen“ und einen Arzt in der Dailysoap „Marienhof“. Außerdem stand er zum Beispiel mit Stars wie Franco Nero und Maximilian Schell in „Der Fürst und das Mädchen“ vor der Kamera. Der 40-Jährige war ein Star in Zeiten, in denen das Privatfernsehen den Tagesablauf der Bundesbürger bestimmte. Social-Media-Plattformen spielten noch kaum eine Rolle. „Das hat mir damals alles wahnsinnig viel Spaß gemacht. Ich war bei jeder Serie, bei jedem Film, mit viel Leidenschaft dabei, stand mit hundert Prozent dahinter“, resümiert Hendrik rückblickend. Neben einer guten Gage, zierte der drahtige Braunschweiger Titelbilder von Zeitschriften wie Bravo, Popcorn & Co. – und wollte doch irgendwann etwas anderes. „Ich habe relativ früh, mit 25 Jahren, festgestellt, dass mich dieser Job nicht mein ganzes Leben lang glücklich machen wird. Deswegen habe ich mich schon früh nach einem anderen Standbein umgeguckt“.

Der Urgroßonkel erfand den Kräuterlikör vor rund einhundert Jahren

Seine Geschäftsidee führte ihn dahin zurück, wo alles begann. Zurück zum Ursprung. Sein Urgroßonkel Adolf Geffert erfand vor rund einhundert Jahren in der Apotheke seiner Familie einen Kräuterlikör, der von Generation zu Generation weitergereicht wurde. Das Wappen der herzoglichen Hof-Apotheke Braunschweig, ein Siegel aus dem Jahre 1772, die lange Familientradition und natürlich die spezielle Aufbereitung und der Geschmack machen den Borgmann der vierten Generation zu einem ganz besonderen Produkt. „Mein Bruder Jan, mein Geschäftspartner Jörn Clausen und ich wollten diese ganze Historie in ein modernes Gewand packen. Deshalb ist die Idee mit den Aluminiumflaschen entstanden. Wir haben mit limitierten Flaschen angefangen, die von verschiedenen Künstlern designt wurden. Es gab damals keinen Businessplan, es war einfach nur eine Schnapsidee, die nebenbei entstanden ist“, erzählt Hendrik rückblickend.

Der Borgmann1772 erobert von Braunschweig aus die Welt

So entwickelte sich aus einem kleinen Einfall über die Jahre ein Produkt, das immer größer und professioneller wurde. Der aufwendige Produktionsprozess des Borgmann1772 selbst nimmt allein zehn Tage in Anspruch. Die Substanz muss nach Vermischung von Alkohol und Kräutern ruhen. Dann wird sie immer wieder angewärmt, damit sich die feinen Kräuteressenzen wie Chinarinde, Bitterorange oder Zimt und Nelken entfalten können. Diese sammeln sich anschließend am Boden des Kanisters. Nach der sogenannten Reife wird die Spirituose gefiltert und in der Apotheke des Bruders im Labor in Kleinstchargen abgefüllt und geprüft. Anschließend wird der klassische Digestif, der nach dem Essen genossen wird, versiegelt und verpackt, um in den selektiven Verkauf zu gehen. Größere Mengen des bekömmlichen Halbbitters werden mittlerweile in Halle an der Saale hergestellt – und letztendlich in der gehobenen Gastronomie ausgeschenkt. „Wir vertreiben den Borgmann1772 allein in Berlin in hundert verschiedenen Outlets, im Premium-Segment, wie zum Beispiel dem Borchardts, Grill Royal oder KadeWe. In ganz Deutschland ist unser Produkt zudem im ausgesuchten Einzelhandel ab 23 Euro die Flasche erhältlich. Wir sind aber auch in der Schweiz, Spanien, Südkorea, Israel und dem Libanon“, berichtet Hendrik. In seiner geräumigen Altbauwohnung in Berlin-Charlottenburg, in direkter Nähe zum Kurfürstendamm, befindet sich das Firmenhauptquartier mit kürzlich eingebauter Borgmann-Bar. Diese dient als Schulungsraum, Treffpunkt, Produktions- und Kochraum.

Die Apotheke: Cooler Industrie-Look mit Vintage-Küchenmöbeln

Einmal in der Woche pendelt der umtriebige Unternehmer mit dem ICE von Berlin nach Braunschweig. Um seine Familie zu besuchen, aber auch um in seinem zweiten Geschäft präsent zu sein und dieses weiterzuentwickeln. Seit dem Jahr 2014 betreibt Hendrik zusammen mit Jörn Clausen das Restaurant-Café-Tagesbar Die Apotheke mitten in der Innenstadt von Braunschweig. Die Immobilie erhielt damals eine komplette Kernsanierung, bis auf den Boden herunter. „Mir hat in Braunschweig eine gemütliche und stylishe Location gefehlt, wo ich gerne hingehen und einfach eine Kleinigkeit essen und trinken kann. Außerdem wollten wir einen eigenen Laden haben, wo wir unseren Kräuterlikör präsentieren können. Auf der Speisekarte gibt es unter anderem einen Salat, einen Tee oder Drinks mit Borgmann1772. Die Apotheke präsentiert sich mit großen Fenstern und in hellen, freundlichen Farben. Im coolen Industrie-Look mit Vintage-Küchenmöbeln, wie Apothekerschränkchen, alten Bauhaus-Lampen und einer offenen Küche – und das wird von den Gästen sehr gut angenommen. Das Team umfasst mittlerweile 27 Mitarbeiter, die hier rund um die Uhr arbeiten. „Ich bin sehr glücklich, wie alles läuft, habe aber noch einige Ideen für Braunschweig. Wenn das Konzept, die Location und der Zeitpunkt stimmen, kann ich mir noch ein weiteres Gastronomie-Projekt vorstellen“, verrät Hendrik. Er hat noch einiges vor. Der Borgmann-Weg geht weiter.

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